Weinheim/München: Juventa-Verlag, 7. Aufl. der Neuausgabe 2004, 200 S.,Hermann Giesecke
Einführung in die Pädagogik
br. € 12,50
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Inhaltsverzeichnis 1. Kapitel: Biologische und psychologische Voraussetzungen des Heranwachsens.
Die "Weltoffenheit" des Menschen
Begabung und BildsamkeitDie Entwicklung des Menschen: seine Ontogenese
Altersstufen - Verfrühung (Vorwegnahme) und Verspätung - Die Geschichtlichkeit der OntogeneseDie Triebe und ihre Sozialisierung.
2. Kapitel: Die geschichtlich-gesellschaftliche Dimension der Pädagogik
Pädagogik im bürgerlichen Zeitalter
Pädagogische Implikationen der bürgerlichen GesellschaftLernen
Lernen als Verhaltensänderung - Exkurs: Empirische und pädagogische Denkmodelle - Lernprobleme - Zwei Arten des Lernens - Lernen und Lehren - Lernverbote - "Intentionales" und "funktionales" Lernen - Lernen und EmanzipationErziehung
Sozialisation und Erziehung - Erziehung als Gewalt- und Fürsorgeverhältnis - Erziehung und Mündigkei - Erziehung als Generationenverhältnis - Kritik am ErziehungsbegriffBildung
Das "klassische" Bildungsideal - Bildung und Ausbildung - Qualifikation statt Bildung? - Die Zukunft der Bildung - BildungspolitikÖffentliche Erziehungs-- und Bildungsziele
Mündigkeit, Partizipation, Emanzipation
Die Rolle der ErziehungswissenschaftDidaktik und Methodik
Unterricht: Reduktion von Komplexität - Didaktische Positionen - CurriculaLerninstitutionen und Lernfelder
Familie - Gleichaltrigen-Gruppen - Kindergarten - Schule - Massenmedien - Freizeit- und Konsumsystem - Jugendarbeit - Beruf und Betrieb - Erwachsenenbildung - Pluralistische Sozialisation und das Problem der Identität3. Kapitel: Gefährdungen des Heranwachsens:
Sozialpädagogik
Sozialpädagogik und Industriegesellschaft
" Verwahrloste" Jugendliche
Jugendhilfe
4 Kapitel: Erziehungswissenschaft
Erziehungswissenschaft als Emanzipation und Legitimation
Wissenschaftstheorie und Ideologie
Theorie und Praxis
(Mit freundlicher Genehmigung des Juventa-Verlages)
Dieses Buch ist - wie sein Titel verrät - eine Einführung in die Pädagogik. Sein Thema ist also das Heranwachsen von Kindern und Jugendlichen. Die Pädagogik betrachtet diesen Prozeß unter dem Gesichtspunkt des Lernens: Was lernen Kinder und Jugendliche dabei von wem und unter welchen Bedingungen? Welche Rolle spielen sie dabei selbst, welche spielen die für sie zuständigen Erwachsenen (z.B. Eltern, Lehrer) und welche Bedeutung haben dabei gesellschaftliche Tatsachen wie Massenmedien, Freizeit, Markt? Der Begriff "Pädagogik" ist doppeldeutig; er meint einmal eine Praxis, nämlich das Handeln derjenigen, die mit Kindern und Jugendlichen umzugehen haben. Er meint aber auch das Nachdenken über dieses Handeln. Pädagogisches Handeln ist eine gesellschaftliche Notwendigkeit, solange Kinder geboren werden, weil man irgendwie mit ihnen umgehen muß. Da nun jeder erwachsene Mensch einmal ein Kind war und wohl auch privat oder beruflich Kinder kennt, hat er auch eine mehr oder weniger differenzierte Vorstellung über pädagogische Fragen. Jedenfalls geht diese Einführung von dieser Vermutung aus und versucht, die daraus resultierenden Erfahrungen anzusprechen. Wer Pädagogik studiert, ist in dieser Sache keine tabula rasa, sondern bringt immer schon Vor-Kenntnisse, Vor-Erfahrungen und Vor-Urteile mit. Aufgabe des Studierens ist, dieses Vor-Bewußtsein zu mobilisieren, zu erweitern, zu differenzieren, zu präzisieren, zu korrigieren. Ich gehe also von der pädagogischen Praxis aus und verstehe die grundlegenden pädagogischen Begriffe wie Erziehung, Bildung, Sozialisation, Lernen, Didaktik, Methodik usw. als Bezeichnungen für praktische Probleme, die beim beruflichen oder privaten Umgang mit Kindern und Jugendlichen entstehen.
Es handelt sich hier also nicht um eine Einführung in die Erziehungswissenschaft, die der inneren systematischen Logik dieser Disziplin folgen müßte. Von Erziehungswissenschaft ist vielmehr ausführlicher erst im letzten Kapitel die Rede. Darin soll zum Ausdruck kommen, daß unsere Wissenschaft wie alle anderen für die pädagogische Praxis relevanten Wissenschaften gegenüber der Praxis eine dienende, nämlich aufklärerische Funktion hat. Für diesen Zweck der Aufklärung ist die historische Dimension von besonderer Bedeutung: wie und warum ist das, was wir heute an pädagogischen Tatsachen und Deutungen vorfinden, so geworden, wie es ist? Nach dieser Frage ist das dritte Kapitel über Sozialpädagogik gestaltet, aber auch im zweiten Kapitel werden - z.B. beim Stichwort "Bildung" - historische Entwicklungslinien skizziert. Eine ausführliche Geschichte der Pädagogik ist dadurch selbstverständlich nicht zu ersetzen, aber von vornherein soll der Blick dafür geschärft werden, daß Pädagogik im wesentlichen ein historisches, also sich ständig veränderndes Phänomen ist und kein natürliches, unveränderliches. Das laienhafte Vorverständnis sieht dies in der Regel anders, das Aufwachsen von Kindern erscheint ihm eher als die Entfaltung einer inneren Programmierung.
Deshalb setzt das erste Kapitel bei diesem vermuteten Vorverständnis an, indem es den "biologischen und psychologischen Voraussetzungen des Heranwachsens" nachgeht. Dabei zeigt sich unter anderem, daß gerade für das pädagogische Handeln Annahmen über "natürliche", also durch pädagogische Einwirkung nicht veränderbare Vorgaben unergiebig sind.
Ergiebiger ist, so versucht dann das zweite Kapitel zu zeigen, pädagogische Phänomene als historisch-kulturell bedingte zu betrachten - hier begrenzt auf die Epoche der bürgerlichen Gesellschaft.
Das dritte Kapitel, das von denjenigen Kindern und Jugendlichen handelt, deren Aufwachsen besondere Schwierigkeiten bereitet, ist - wie schon erwähnt - historisch strukturiert, weil sich an diesem Thema besonders eindrucksvoll zeigen läßt, wie ein pädagogisches Problem entsteht, wer es wie definiert, welche Lösungen dafür vorgeschlagen bzw. realisiert werden und wie sich pädagogische Zielvorstellungen mit politisch-ideologischen Interessen verbinden.
Das letzte Kapitel schließlich gilt der Erziehungswissenschaft bzw. überhaupt der Rolle der Wissenschaften im Rahmen der pädagogischen Praxis.
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